Das süße Krabbeln

15.10.04 (NRZ)

Das süße Krabbeln

NASCHWERK / Monika van Holt fliegt auf Maikäfer. Und backt die Tierchen aus Teig. Nach altem Familien-Rezept.

Ein kleines Geheimnis hat doch sicher jeder. Der eine hütet es in der hintersten Ecke der Schlafzimmer-Kommode. Der andere verbirgt es in einer Schatzkiste. So eine Art Geheimnis ist auch das Rezeptbuch der van Holts. Seit Jahrzehnten in Familienbesitz, immer nur dann herausgekramt, wenn es wieder mal Süßes geben soll. Plätzchen, Weißbrot oder die sagenumwobene Torte zum Geburtstag."Mein Schwiegervater war mal Bäcker", verrät Monika van Holt. Die Rezepte der süßen Geheimnisse hütete die Schwiegermama wie das Gold von Fort Knox. "Die durfte selbst ich nicht wissen, auch wenn es nur ein 08/15-Rezept war", erzählt die Moerserin. Erst nach dem Tod der Schwiegermutter fand Monika van Holt den grünen Ordner mit den bunten Zetteln auf dem Dachboden. Darauf standen all die Teilchen- und Weißbrotrezepte, wie es sie früher mal in der Bäckerei zu kaufen gab.

Iiiiii, die van Holts essen Käfer

Seit diesem Fund gabs bei den van Holts in Scherpenberg nicht nur das große Kilobrot, dick mit Butter und Rübenkraut beschmiert. Es war auch die Geburtsstunde der kleinen Käfer, die so nett auf dem Küchentisch herumkrabbeln und die wir heute mit Monika van Holt backen.

Zu den Krabblern hat die begeisterte Köchin so einige Geschichten auf Lager. Etwa die, als ihre Kinder Yvonne und Andreas im Kindergarten erzählten, dass es zu Hause Käfer zu essen gibt. Klar, dass das ein paar Eltern in den falschen Hals bekamen. Die Sache war aber schnell erklärt - und probiert werden durfte dann auch.

Gebacken wurde bei van Holts immer gemeinsam. Mutter Monika knetete den Teig, die Kinder stachen mit der Kaffeetasse oder dem Glas aus. Daraus formten sie den Bauch der Käfer. Heute übernimmt Monika van Holt beides. Die Kinder sind erwachsen geworden. Aber das Naschen haben sie, wenn sie wieder in Mamas Küche rumspuken, noch immer nicht verlernt. Genau wie Vater Jürgen. Es gibt auch heute noch immer etwas mehr Teig in der Schüssel, als aufs Backblech passt.

Ganz schön flügge

Na, dann wollen wir mal sehen, wie daraus die süßen Käferchen werden. Flott geht das, sagt Monika von Holt. Weil sie schnelle Rezepte liebt. Wenn der Teig ausgestochen ist, einfach die Aprikosenhälften oder nach Wunsch auch Pfirsiche aus der Dose drauflegen und dann gehts für 15 Minuten ab in den Ofen. "Aber ohne Umluft. Sonst fliegen die Käfer noch weg."

Bei 200 Grad entwickeln sie sich prächtig. Währenddessen bleibt auch noch Zeit für ein zweites Geschichtchen. Nämlich vom Geburtstag, bei dem die Damen aus der Nachbarschaft zu Gast waren. Zwischen die Kuchenstücke drapierte Monika van Holt einige ihrer Käferlein. "Sind die nur zur Zierde, oder kann man die auch essen?" Na klar. Und weg waren sie. Ausgeflogen.Unsere können noch nicht in die Luft gehen. Sie haben noch gar keine Flügel. Die gibts erst, wenn der Teig mit den Aprikosen ausgekühlt sind. Dann nehmen sie mit Zuckerguss und Schokoladenblättern Gestalt an."Aber nicht zu früh anfangen. Sonst schmilzen den armen Tierchen die Flügel und die Augen." Wir machen uns an die Arbeit - und fertig sind sie schon. "Wenn ichs ganz gut meine, gibts noch Vanillepudding unter den Teig", sagt Monika van Holt. Wir probieren diesmal die pure Variante. Hmmm, sieht lecker aus. Wenn die jetzt nur nicht so lieb gucken würden. Da traut man sich gar nicht mehr reinzubeißen.

MARC WOLKO
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